Unbezahlte Arbeit
Unbezahlte Arbeit für die Kultur? Schon wieder?
Nach dem Kickoff haben Teilnehmer*innen der Veranstaltung uns gefragt, ob und in welcher Form die Mitarbeit bei FAIRSPEC bezahlt sei. Bei der Diskussion darüber, wie wir dazu Stellung beziehen sollen, fanden wir uns sofort mittendrin, im Schlamassel von Selbstausbeutung und ständiger Überarbeitung am Rande des Existenzminimums. Vieles haben wir innerhalb des Initiativkomitees intensiv diskutiert. Dies hier ist keine offizielle Stellungsnahme der Kerngruppe, sondern eine knappe Übersicht darüber, was wir besprochen haben.
Einig sind wir uns in den folgenden Punkten:
Die Arbeit für FAIRSPEC ist uns ein bedeutsames Anliegen. Dafür sind wir bereit, ohne finanzielle Gegenleistung zu arbeiten. Wir hoffen, dass das für andere auch so ist.
Wir verfügen momentan nicht über die finanziellen Mittel, die Arbeit bezahlen zu können, auch wenn wir das möchten. Wir haben im Frühjahr ein Budget für das Pilotjahr 2020/21 erstellt und Anträge geschrieben. Die Unterstützung, die wir bekommen, reicht knapp für Infrastruktur, Honorare für die Sprecher*innen an den Konferenzen und für das Erstellen der Webseite (siehe dazu unser Budget). Die Veranstaltungen sind nur möglich, weil uns die Theaterhäuser die Räume unentgeltlich zur Verfügung stellen.
Die Kernidee von FAIRSPEC beruht auf der Annahme, dass sich möglichst viele und unterschiedliche Leute aus der Freien Szene an der Erarbeitung der Richtlinien beteiligen. Die Bezahlung aller Mitarbeiter*innen würde einen grossen Verwaltungsapparat in Gang setzten und die Realisierung des Projektes gefährden.
In unserer Diskussion tauchten unter anderem folgende Fragen auf, die wir nicht beantworten können, sondern die ich gerne hier in die Runde stelle:
Soll Kulturarbeit oder kulturpolitische Arbeit immer bezahlt sein, weil sie zur Entwicklung der Gesellschaft beiträgt? Wer würde das bezahlen? Und wer würde entscheiden, welche Arbeit wirklich bezahlt wird? Sollte solche Arbeit mit einer «Kulturpauschale» entschädigt werden?
Ist der Wert einer Arbeit nur mit Geld aufzuwiegen? Falls dem so ist, was heisst das für unsere Selbstwahrnehmung als Kulturschaffende? Können wir uns andere Formen der Entschädigung vorstellen, für die wir zu arbeiten gewillt sind?
Wollen wir das überhaupt, dass die Leute mitmachen bei FAIRSPEC, weil es sich um bezahlte Arbeit handelt?
FAIRSPEC ist Pionierarbeit. Darauf sind wir stolz. Gerade Pionierarbeit wird oft unbezahlt verrichtet. Weil sie dazu beiträgt, dass die Gesellschaft sich verändert und weiterentwickelt. Was im besten Fall dazu führen könnte, dass unsere Arbeit eines Tages als so wichtig taxiert wird, dass wir alle dafür bezahlen können.